Holotropes Atmen

S. Müller: Breath of Immortality (Quelle: flickr, Liz. CC BY-NC-ND 2.0)

Holotropes Atmen (oder: holotrope Atemarbeit, vom griechischen holos „ganz“ und trepein „sich richten auf“ oder „sich begeben“, also „auf Ganzheit ausgerichtete Atemarbeit“) ist eine von dem tschechischen Psychotherapeuten Stanislav Grof entwickelte Atemtechnik, durch die man in Erfahrungsbereiche eintreten kann, die dem menschlichen Bewusstsein im Allgemeinen nicht zugänglich sind (engl: non-ordinary states of consciousness).

Durch die besondere Atemtechnik (ganz schnelles, vertieftes, hyperventilierendes Atmen) in Verbindung mit aufwühlender Musik, ggf. auch unter Anwendung von Körperarbeit (Druckmassage) können sogenannte transpersonale Erfahrungen gemacht werden, das sind solche Erfahrungen, die über das persönliche Bewusstsein hinausgehen. Sie werden auch beschrieben als „Hinausschreiten aus den Begrenzungen von Raum, Zeit und personaler Identität(!)“ (zit. nach R. Brehm, S. 145)

Im Anschluß erfolgt meist eine non-verbale Reflexion des Erlebten, beispielsweise durch kreativen Ausdruck, z. B. über Malen /Zeichnen und ein Sharing (= Erfahrungsaustausch in der Gruppe).

Der Prozess, der zwischen 1,5 und 3 Stunden dauert, hat Phasen, erreicht einen Höhepunkt und klingt dann wieder ab. Die Klienten liegen dabei mit geschlossenen Augen (ggf. unterstützt durch eine Augenbinde) auf einer Matratze und werden von einem "Therapeuten" begleitet. Im Laufe des Prozesses kann es zu starken emotionalen Ausbrüchen kommen (Katharsis), die der Therapeut begleitet (z.B. durch Körperarbeit).

Holotropes Atmen wird oft in Gruppenform durchgeführt. Dabei bilden die Klienten Zweiergruppen und unterstützen sich dabei unter Anleitung des Therapeuten untereinander – einer „arbeitet“ und ein weiterer begleitet.

Weltweit sind mehr als 500 „Certified Holotropic Breathwork Practitioner“ ausgebildet. Im deutschsprachigen Raum hat sich besonders Sylvester Walch an der Verbreitung des holotropen Atmens beteiligt. Mittlerweile gibt es in Deutschland einzelne psychosomatische Kliniken, die das holotrope Atmen auch im Rahmen der stationären Psychotherapie neben anderen Verfahren einsetzen. (Quelle: Wikipedia)

Große Ähnlichkeiten bestehen zu den Methoden Bioenergetik von Alexander Lowen und Rebirthing. Rebirthing wurde Mitte der 1970er Jahre von dem kalifornischen Hobbypsychologen Leonard Orr (geboren 1938) entwickelt, dem es, wie die Legende sagt, durch "göttliche Eingebung" übermittelt worden war. Als „Rajneesh Primal Transformation“ sind sie auch der entscheidende „Therapie“-Ansatz des Osho Rashneesh-Kultes.

Holotropes Atmen führt zur künstlichen Herbeiführung des mystischen Zustandes „kosmischer Allverbundenheit“, der normalerweise nur unter Einfluß psychedelischer Substanzen, durch Anwendung von Trancetechniken oder als Nahtoderlebnis zustande kommt. Das ganze Spektrum psychedelischer Phänomene kann mit dieser Methodik auf nicht-pharmakologischem Weg hervorgerufen werden - es handelt sich sozusagen einen "Trip" ohne Drogen. Dies ist kein Wunder, denn die Methode wurde von S. Grof entwickelt, um einen legalen Ersatz für die vorher von ihm eingeführte "LSD-Therapie" zu bekommen.

Holotropes Atmen wird von den esoterischen Heilern u.a. beworben als „Verbindung von Psychotherapie und Selbsterfahrung mit schamanistischen und spirituellen Traditionen.“ Demzufolge wird Holotropes Atmen häufig mit Schamanismus-Seminaren zusammen angeboten.

Von J.C. Callaway wurde die Hypothese geäußert, daß durch die Hyperventilation der Spiegel des körpereigenen Stoffes Dimethyltryptamin (DMT, ein potentes Halluzinogen) erhöht werden könnte. Dies stützt sich auf die Tatsache, dass sich in den Lungen von Säugetieren große Mengen des Enzyms N-Methyl-Transferase befinden, die, sollten sie freigesetzt werden, aus körpereigenem Tryptamin eben dieses Dimethyltryptamin herstellen können. Eine Zusammenfassung dieses (und weiterer) möglicher Wirkmechanismen findet sich bei F. Danner.

Aus einem Zeitschriftenbericht über Holotropes Atmen nach Stanislav Grof:

"Die Szenerie ähnelt einem magischen Ritual archaischer Stammeskulturen: Der schneller werdende, aufrüttelnde Rhythmus schamanischer Trommeln lässt Luft und Boden spürbar vibrieren. Eine Frau vollzieht schlangenartige Bewegungen mit ihrem Körper, an anderer Stelle beginnt jemand zu weinen, während eine weitere Person fremdartig klingende Laute von sich gibt... [...] Während eine der Anwesenden wunderbar anmutige Tanzbewegungen ausführt, die aus einer weit entfernten Kultur zu stammen scheinen, nimmt ein anderer die Yoga-Asana „Das Rad“ ein. Er erzählt später, dass er erstmalig diese Stellung so lange und mühelos halten konnte. Ein weiterer Teilnehmer pflichtet ihm, noch ganz unter dem Eindruck des Erlebten stehend, bei. Auch er war auf geheimnisvolle Weise in die Lage versetzt, fortgeschrittene Haltungen spontan einzunehmen, obwohl er niemals zuvor Yoga praktiziert hat...

Auch diejenigen, die – äußerlich betrachtet – ruhig auf ihren Matratzen liegen, berichten später von bewegenden und beeindruckenden inneren Einblicken... [...] Eine Frau teilt mit, dass ihr eine kraftvolle  Begegnung mit der indischen Göttin Kali widerfuhr. Ihr Partner erlebte überaus realistisch seine Geburt wieder"

Risiken und Gefahren

Bei Anwendung dieser Methoden bestehen außerordentlich große Gefahren für Körper und Seele. Die über die Manipulation und Übersteigerung des Atemgeschehens hervorgerufene Intensiverfahrung kann für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder mit psychosomatischen Krankheitsbildern fatale Folgen haben. Ebenso können Menschen mit neurotischen oder anderen psychiatrischen Störungen in schwere psychotische oder suizidale Krisen geraten. Während des holotropen Atmens wiedererlebte Traumata können Betroffene erneut traumatisieren.

„Plötzlich einbrechende paranormale Phänomene wie vermeintliche Hellsichtigkeit, Telepathie, das Hören von Stimmen oder das Gefühl von Besessenheit werden nicht als Symptome einer womöglich tiefgreifenden psychotischen Störung – etwa in der Folge einer solchen holotropen Atemsitzung - gewertet, sondern als „Anzeichen spirituellen Erwachens“. Anstatt die Menschen einer medizinischen und/oder psychotherapeutischen Behandlung zuzuführen, werden sie weiterer ‚holotroper’ oder anderweitig ‚bewußtseinserweiternder’ Therapie unterzogen“ („Psycho“, S. 272 , zit. in R. Brehm, S. 145)

Hinter dem „Gefühl der Besessenheit“ und den „Anzeichen spirituellen Erwachens“ können sich echte okkulte Fakten, also Besetzungen durch Finsternismächte, verbergen. Der einzig wirksame Weg zur Befreiung ist die Hinwendung zu Jesus Christus in Buße und Glauben, begleitet von einer biblisch-seelsorgerlichen Betreuung.

Quellenhinweise und Links (Diese Angaben dienen zur Information und als Belege. Wir identifizieren uns nicht mit allen Inhalten)

http://www.sueddeutsche.de/wissen/teil-rebirthing-wiedergeboren-durch-die-atmung-1.888105

http://www.yoga-aktuell.de/ck17-yoga-main/ck28-korper-geist/holotropes-atmen-nach-stanislav-grof/

Wikipedia (DE): Holotropes Atmen

Dr. R. E. Brehm, Alternative Heilverfahren, Religionen und der Affe Gottes - Licht im spirituellen Dschungel, BoD Book on Demand, Google Books

J. C. Callaway: DMTs in the Human Brain. In: Jahrbuch für Ethnomedizin und Bewußtseinsforschung, 1995, Band 4, VWB-Verlag Berlin, S. 45-54

F. Danner: Vom Ende des Kämpfens. Projekte-Verlag, Halle 2008

Erstellt am 20.11.2015 - Update vom 21.11.2015

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